Fachtagung Föderal Erneuerbar 2015

Energiewende in den Bundesländern - der Umbau des Energieversorgungssystems gewinnt an Dynamik

Am 25. November 2015 veranstaltete die Agentur für Erneuerbare Energien die dritte Fachtagung Föderal Erneuerbar. Mit vielen interessierten Teilnehmern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wurden verschiedene Ansätze und Strategien der Bundesländer zum diesjährigen Schwerpunktthema "Transformation des Energieversorgungssystems" diskutiert. Das genaue Programm der Veranstaltung ist hier einsehbar, folgend wird ein kurzer Einblick in den Ablauf gegeben.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien, Philipp Vohrer, gab Ralf Christmann vom Bundeswirtschaftsministerium in einer Keynote einen aktuellen Einblick in den Stand der EEG-Reformen, insbesondere hinsichtlich der Förderumstellung auf Ausschreibungen für Wind- und Solarstrom. 

Im ersten Block ging es um die Akzeptanz für die räumlichen Auswirkungen der Energiewende. Insbesondere der Ausbau der Windenergie und der Stromnetze rufen punktuell erheblichen Widerstand hervor. Die Referenten widmeten sich entsprechend diesen Schwerpunkten. Den ersten Vortrag aus Ländersicht hielt dabei Dr. Martin Gude aus dem Thüringer Umwelt- und Energieministerium, der die dortigen Strategien zur Einbindung der Bürger beim Windenergieausbau vorstellte. Ankerpunkt hierfür ist die neu geschaffene Servicestelle Windenergie, die bei der Thüringer Energie- und Greentech-Agentur angesiedelt ist. Insbesondere das innovative Instrument einer Zertifizierung von Windenergieprojekten über so genannte "Leitlinien für faire Windkraft" sowie ein aktuell in Erarbeitung befindlicher Codex für Bürgerbeteiligung stießen hierbei auf großes Interesse. Dr. Markus Hirschfeld aus dem schleswig-holsteinischen Energiewendeministerium skizzierte anschließend, wie beim erfolgreichen Netzausau in Schleswig-Holstein die Akzeptanz der Bürger gesichert werden konnte. Neben organisatorischen Instrumenten wie etwa einer Einbindung von Landräten, Bürgermeistern und Einwohnern oder transparenten und verbindlichen Zeitplänen betonte er, dass eine Zustimmung für umstrittene Projekte nur erreicht werden kann, wenn es eine klare politische Positionierung gibt. Einig waren sich die Referenten, dass man zwar nur schwerlich eine umfassende Akzeptanz erreichen kann, dass es aber wichtig ist, dass die Betroffenen in transparenten Verfahren eingebunden und diese fair behandelt werden müssen.

Der zweite Block widmete sich dem Wärmesektor, auch wenn die Komplexität des Themas dabei nur angerissen werden konnte. Mit einem Stadtstaat und einem Flächenland konnte der Umbau des Wärmesystems in zwei Ländern mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen diskutiert werden, die zudem auf sehr verschiedene Instrumente setzen. Kerstin Walberg aus der Hamburger Behörde für Umwelt und Energie skizzierte zunächst die Erarbeitung der Hamburger Wärmestrategie. Der Stadtstaat als stark verdichteter Ballungsraum setzt dabei vor allem auf netzgebundene Lösungen beim Umstieg auf erneuerbare Wärmequellen. Großes Thema ist in der Stadt insbesondere der Rückkauf der Energienetze. Zudem wurden einige Leuchtturmprojekte wie der Hamburger Energiebunker vorgestellt. Im Kontrast dazu skizzierte Karl Greißing vom baden-württembergischen Umweltministerium den dortigen Ansatz eines Flächenlandes. Insbesondere das dortige Erneuerbare-Wärme-Gesetz, welches Vorgaben für den Einbau von 15% Erneuerbarem Energien oder vergleichbare Lösungen beim Kesseltausch in Bestandsgebäuden macht und das im Juli 2015 novelliert wurde, stand im Fokus des Vortrags. Baden-Württemberg legt dabei den Fokus stärker auf Einzellösungen, wenn auch netzgebundene Erneuerbare-Wärme- oder KWK-Projekte in verdichteten Räumen eine ebenso willkommene Alternative sind. Eine Übernahme des vorbildlichen Gesetzes wäre dabei aus Sicht des Ländles hochwillkommen, insbesondere da beide Referenten sich einig waren, dass die Wärmewende in Deutschland noch viel zu langsam vorangeht.

Der dritte Block behandelte verschiedene Forschungsansätze zur Systemtransformation. Eröffnet wurde dieser durch Dr. Andreas Meissauer vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, der das kürzlich gegründete House of Energy vorstellte. Die neue Plattform soll insbesondere Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen und so eine bessere Verzahnung der vielen schon in Hessen vorhandenen innovativen Einzellösungen ermöglichen. Durch diese Vernetzung sollen neue Forschungsprojekte angeschoben werden, welche auch gleich über das House administriert werden können. Durch die dort gewonnen Erkenntnisse dient die Plattform gleichermaßen als Denkfabrik als auch als Marke für die hessische Energiewende. Der zweite Kurzvortrag kam aus Nordrhein-Westfalen, Antje Kruse aus dem dortigen Umweltministerium stellte den aktuell laufenden Wettbewerb VirtuelleKraftwerke.NRW vor. Ziel des Forschungsprogrammes sind regionale virtuelle Kraftwerke im Verteilnetzbereich, vor allem Projekte mit umsetzungsorientierter Forschung sollen dabei angereizt und gefördert werden. Bis Anfang Dezember läuft die Bewerbungsfrist für das Programm, erste Projekte sollen in etwa einem Jahr starten. Eine weitere Perspektive steuerte Fabiane Buchheister vom niedersächsischen Energieversorger EWE mit der Bewerbung zum Schaufensterprojekt enera im Rahmen des BMWi-Förderprogramms Intelligente Energie bei. Im Zentrum des inzwischen bewilligten Projektes steht die Vernetzung - sowohl von Netz, Energierzeugung und Markt als auch die Vernetzung von Akteuren wie etwa Energieversorgern und IKT-Startups. Das enera-Projekt soll eine Vielzahl von Herausforderungen der Energiewende adressieren und insbesondere durch digitale Verbindung bisher getrennter Handlungsfelder die (norddeutsche) Energiewende händelbar machen.

Der letzte Block behandelte insbesondere das Thema Energiespeicher. Zunächst gab Dr. Marion Wilde vom Wirtschafts- und Energieministerium in Potsdam einen Überblick über die Systemintegrations- und Speicherprojekte in Brandenburg. Grundlage der Projekte ist die Brandenburger Energiestrategie, die explizit Netzausbau und die Systemintegration Erneuerbarer Energien als Ziele ausgibt. Das Land will damit auch erreichen, dass mehr und damit teurer werdende Abregelungen und Redispatch-Maßnahmen mittelfristig wieder sinken. Beispiel für die Brndenburger Speicheraktivitäten ist etwa der für den Regelenergiemarkt konzipierte Batteriespeicher Feldheim, welcher im Herbst 2015 eröffnet wurde und zu dem Zeitpunkt der größte in Deutschland war. Das durchlaufene Präqualifikationsverfahren kann dabei beispielhaft auch für andere Speicherprojekte genutzt werden. Hauptinstrument für solche Projekte ist das aktuell weiterentwickelte Förderprogramm RENplus, welches voraussichtlich im Februar 2016 in Kraft treten soll. Auch in Bayern ist die Speicherförderung ein wichtiges Thema, wie die dortigen Referenten zeigten. Zunächst gab Hubert Ulber vom Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie einen Überblick über die bayerischen Energieforschungsaktivitäten. Anschließend stellte Markus Brehler von der Caterva GmbH das konkrete Projekt SWARM vor, welches mittels Förderung des Wirtschaftministeriums realisiert wurde. In dem Projekt werden viele dezentrale Hausspeicher zusammengeschaltet und können so als größere Einheit agieren. Durch die Zusammenschaltung können die Speicher auch am Regelenergie- oder am Intraday-Market teilnehmen und so nicht nur die Systemstabilität erhöhen, sondern auch neue Erlösquellen generieren. Die verschiedenen Geschäftsmodelle können dabei auch parallel auf den Speichern betrieben werden.

In einer Schlussrunde konnten die Referenten noch ein Fazit der Veranstaltung und insbesondere des aktuellen Standes der Systemtransformation ziehen. Trotz der sehr unterschiedlichen Ansätze und Schwerpunkte der Vortragenden gab es prinzipiell sehr ähnliche Einschätzungen des Status quo: demnach seien zwar durchaus noch einige und große Herausforderungen beim Umbau des Energiesystems zu bewältigen, aber auch schon viele Lösungsansätze zu sehen. Die Referenten sehen daher mit Spannung, aber auch Optimismus dem weiteren Fortschreiten der Energiewende entgegen.

 

Die Präsentationen der Referenten können Sie sich nebenstehend downloaden, zudem erhalten Sie in der Fotogalerie einige Eindrücke der Veranstaltung.

Eine Rückschau auf die bisherigen Fachtagungen Föderal Erneuerbar, die 2012 und 2013 zu den Themen "Ökonomische Auswirkungen"  sowie "Akzeptanz" der Energiewende stattfanden, erhalten Sie unter den folgenden Links:

Präsentationen der Referenten

Vortrag 1: Dr. Martin Gude, Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz: Einbindung der Bürger beim Ausbau der Windenergie

Vortrag 2: Dr. Markus Hirschfeld, Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume: Netzausbau - erfolgreiche Konzepte in Schleswig-Holstein

Vortrag 3: Kerstin Walberg, Behörde für Umwelt und Energie der Freien und Hansestadt Hamburg: Die Wärmestrategie der Hansestadt Hamburg

Vortrag 4: Karl Greißing, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg: Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz

Vortrag 5: Dr. Andreas Meissauer, Hessisches Minsterium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung: „House of Energy“ – Denkfabrik für die hessische Energiewende

Vortrag 6: Antje Kruse, Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Wettbewerb "VirtuelleKraftwerke.NRW"

Vortrag 7: Fabiane Buchheister, EWE AG: enera-Bewerbung auf das Schaufenster Intelligente Energie

Vortrag 8: Dr. Marion Wilde, Ministerium für Wirtschaft und Energie: Projekte des Landes Brandenburg im Bereich Energiespeicher und Systemintegration

Vortrag 9: Hubert Ulber, Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie sowie Markus Brehler, Caterva GmbH: Batteriespeicherprojekt SWARM (Vortrag Ulber, Vortrag Brehler)